HAMBURGER ABENDBLATT: Weiterer Fall von Hundevergiftung in Lütjensee, 5000 Euro Belohnung für Fall in Reinbek. Hundehalter reagieren mit Schutzmaßnahmen.

Hundehasser? Giftköder – jetzt ergreifen Halter Schutzmaßnahmen

Von Sebastian Knorr 13.04.216
Anja Laupichler mit Mischlingshündin Elli: Leine und Fressbremse als Schutzmaßnahme vor Giftködern im eigenen Garten

Foto: Sebastian Knorr / HA

Anja Laupichler mit Mischlingshündin Elli: Leine und Fressbremse als Schutzmaßnahme vor Giftködern im eigenen Garten

Weiterer Fall von Hundevergiftung in Lütjensee, 5000 Euro Belohnung für Fall in Reinbek. Hundehalter reagieren mit Schutzmaßnahmen.

Lütjensee/Reinbek.  Geht auch dieser Fall auf das Konto eines Hundehassers? In der Gemeinde Lütjensee wäre ein brauner Mischling beinahe an den Folgen einer Vergiftung verendet. Das zumindest mutmaßen die Halter. Sie möchten anonym bleiben, sind nach Angaben von Tierschützerin Anja Laupichler aber absolut sicher, dass das Tier vergiftet wurde. Das wäre der zweite Fall in Lütjensee innerhalb von 14 Tagen. Zuvor waren in Reinbek zwei Dobermänner vergiftet worden, einer starb. Die Polizei ermittelt. Die unheimliche Serie hat Folgen: Erste Hundehalter lassen ihre Tiere nur noch mit Maulkörben ins Freie, damit diese keine Giftköder fressen können.

Wer macht so etwas, und wieso? Diese Fragen quälen viele Hundehalter

„Es ist schlimm“, sagt die Halterin der Dobermänner. Auch sie will ihren Namen nicht in der Zeitung lesen. Vor zwei Wochen waren ihre Hunde im eigenen Garten vergiftet worden. Die siebenjährige Ronja überlebte, der 14 Monate alte Rudi starb in einer Klinik in Lüneburg. „Er war nur zehn Minuten draußen“, sagt die Halterin, wenig später habe er am ganzen Leib gezittert, 43 Grad Fieber gehabt. Sie hat mittlerweile eine Annonce geschaltet – 5000 Euro für sachdienliche Hinweise auf den Täter – und in der Nachbarschaft plakatiert.

Mit „Warum?“ sind diese Aushänge betitelt. Sie schließen mit einem Satz, der viel über das Ausmaß ihrer Betroffenheit erzählt: „Ich hoffe nicht, dass Sie diesen Schmerz bei Ihrem Kind, bei Ihren Eltern oder Tier jemals so erfahren!“ Hinweise auf den oder die Täter habe die 58-Jährige noch nicht erhalten. Aber selbst wenn, „das bringt uns unseren Hund auch nicht wieder“, sagt die Reinbekerin. Ihre Ronja lässt sie jedenfalls nur noch mit Maulkorb in den Garten. Im Gespräch mit dem Abendblatt ringt sie um Fassung, stellt die quälende Frage: „Wer macht so etwas – und wieso?“ Oder aber: „Wie kann es sein, dass ich meinen Hund nicht mehr in meinem eigenen Garten frei herumlaufen lassen kann?“

Diese Frage stellt sich auch die Lütjenseerin Anja Laupichler. Sie sagt: „Man weiß nicht mehr, wohin.“ Die Frau aus Lütjensee ist als Tiernothelferin aktiv, beherbergt derzeit fünf Hunde, die sie aus Notsituationen befreit hat. Gerade erst hätten Spaziergänger sie an der Hundeauslaufstelle am Höltigbaum am Eingang mit diesen Worten gewarnt: „Pass auf, hier sind überall Giftköder.“ Laupichler: „Die Hunde müssen sich doch austoben können.“ Für ihre Hunde habe sie sogenannte Fressbremsen besorgt. Diese werden den Hunden über die Schnauze gebunden, durch ein feinmaschiges Netz bekommen die Vierbeiner dann zwar noch Luft, können aber keine Nahrung mehr aufnehmen.

Ganz so schlimm ist es in anderen Gemeinden im Kreis offenbar noch nicht. Doch die Giftköder von Lütjensee und Reinbek sind aber trotzdem Thema. „Die Hundehalter sind sensibilisiert“, sagt etwa Jana Müller von der Hundeschule Sitz-Platz-Komm in Bad Oldesloe. Müller bietet bereits Anti-Giftköder-Kurse an. Der aktuelle sei bereits ausgebucht. In den vergangenen Wochen sei sie vermehrt auf die Vorfälle in Lütjensee und Reinbek angesprochen worden.

„Wir passen auf“, sagt auch Sabine Gröning vom Hundesportverein Teamwork in Ahrensburg, „ich lasse meinen Hund generell nicht von der Leine.“ Anderen Haltern rät sie, bei Spaziergängen achtsam zu sein, im Zweifelsfall die Polizei zu informieren. Die ermittelt mittlerweile in drei Fällen in Stormarn. Neben dem Fall der beiden Dobermänner hatte es in Reinbek bereits Ende Dezember einen weiteren gegeben, der aber viel später zur Anzeige gebracht worden war. Dort war ein Jack-Russel-Terrier gestorben.

Anfang April wurden die beiden Mischlingshunde Ilse und Heinz in Lütjensee vergiftet. In allen drei Fällen hätten die Hunde das Gift im eigenen Garten aufgenommen. Spuren davon fanden die Ermittler allerdings in keinem der drei Gärten.

Das könnte aber auch daran liegen, dass die Grundstücke sehr groß sind. Der Garten der Reinbekerin umfasst rund 5000 Quadratmeter, der in Lütjensee ist 2000 Quadratmeter groß. Oder aber daran, dass die Hunde alle Köder gefressen hatten. Die Beweisaufnahme gestaltet sich also denkbar schwierig für die Polizei. Auch welches Gift die Hunde aufgenommen haben, sei nicht bewiesen. „Es kann sein, dass die Hunde Schneckenkorn gefressen haben“, sagt Polizeisprecherin Sonja Kurz, „muss aber nicht sein.“ Die Ermittlungen dauern an.

Hängt das Verschwinden einer Hündin aus Labenz mit den Fällen zusammen?

Auch das Verschwinden einer Mischlingshündin aus Labenz im Herzogtum Lauenburg steht laut Anja Laupichler möglicherweise im Zusammenhang mit den Vorfällen. Die Hündin Luca war vor knapp zwei Wochen entlaufen, am Freitag wurde sie in Grönwohld gesichtet. „Die Halter haben Angst, dass ihr Hund vergiftet wurde“, sagt die Tierschützerin. Gut zu erkennen sei Luca an ihrem fehlenden Schwanz. Wer den Hund sieht, wird gebeten, sich unter der Telefonnummer 0151/401 630 50 zu melden.

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